Am 01.08.2021 durfte ich mein viertes Jahr als selbständiger Fotograf feiern. Eigentlich hätte ich niemals gedacht, dass ich einmal zu 100 % vom Fotografieren leben würde – aber so kann man sich täuschen!
Falls du mich noch nicht gut kennst, hier ein kurzer Überblick, wie ich dazu gekommen bin, mich als Fotograf selbständig zu machen:
Im Jahr 2002 war ich an der Kantonsschule (Gymnasium). In einer Projektwoche war ich in der Gruppe „Digitale Fotografie“. Ein Lehrer lieh uns seine Kamera – die am letzten Tag zu Boden fiel und kaputtging. Eine fachmännische Reparatur war zu teuer, also ersetzten wir die Kamera – und ich behielt die defekte. Ein befreundeter Hobbyelektroniker reparierte sie – und damit begann meine Leidenschaft fürs Fotografieren.
Ein Jahr später gewann ich einen Fotowettbewerb und erhielt eine neue Kamera. Kurz darauf gründete ich mit einem Freund das Partyportal Polarstar.ch und fotografierte an den Wochenenden regelmässig Events.
2006 fragte ich einen befreundeten Fotografen, ob ich ihn zu einer Hochzeit begleiten dürfe – das hat mir riesig Spass gemacht. Danach bewarb ich mich bei der Zeitung und arbeitete freiberuflich als Fotograf.
Die nächsten Jahre liefen parallel zu meinem Studium und meinen Jobs. Zwischen 2008 und 2017 betrieb ich mein Fotobusiness nebenbei und baute so mein Portfolio auf.
2016 begann ich mich ernsthaft mit Business-Themen zu beschäftigen. Ich nahm an einem Bootcamp von Calvin Hollywood teil und lernte viel über Mindset, Kommunikation und Business. Im selben Jahr mietete ich mein erstes eigenes Fotostudio (45 m²).
Ein halbes Jahr später traf ich Calvin bei einem Event in Zürich wieder. Er war überrascht, dass ich noch nicht selbständig war, und fragte direkt: „Fehlen dir die Eier?“ Das hat mich zum Nachdenken gebracht. In meinem Job fühlte ich mich nicht mehr wohl, Entwicklungsmöglichkeiten gab es kaum, und selbst höhere Positionen wären mit Nachteilen verbunden gewesen.
Ich kündigte. Das hatte in der ersten Nacht körperliche Folgen: Ausschlag, Schlafprobleme, Alpträume. Aber danach spürte ich ein tiefes, befreiendes Gefühl.
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Meine Learnings aus 4 Jahren Selbständigkeit
Viele werden zweifeln – du auch!
Unabhängig davon, wie viel Erfahrung du hast oder wie gut dein Business läuft: Wenn du dich für die volle Selbständigkeit entscheidest, kommen Zweifel – von dir und von anderen. Das ist normal.
Dranbleiben lohnt sich
Es gibt Momente, in denen alles sinnlos erscheint. Wenn dein Bauch dir sagt, dass es sich lohnt, dann bleib dran.
Sei flexibel – aber bleib dir treu
Mach auch mal Projekte ausserhalb deines Kerngebiets. Aber verbieg dich nicht. Deine Werte sind dein Kompass.
Urteile nicht zu schnell
Deine Kunden sind keine Experten. Manchmal wirken ihre Wünsche seltsam – aber sie suchen deine Expertise. Hol sie dort ab.
Auslagern spart Zeit und Nerven
Du musst nicht alles selber machen. Ein guter Buchhalter oder Designer spart oft mehr, als er kostet.
Nicht alles auf einmal
Fokus ist oft wertvoller als Vielseitigkeit. Lieber ein Projekt richtig abschliessen als zehn beginnen.
Anfangs kannst du (fast) alles machen – später brauchst du eine klare Richtung
Es ist okay, am Anfang alles anzunehmen. Aber langfristig ist Positionierung wichtig.
Hater & Zweifler? Geniess es!
Wenn Leute über dich reden, bist du sichtbar. Kritik kommt oft von denen, die selbst nichts riskieren.
Denk an die Zukunft – aber lebe im Jetzt
Visionen sind wichtig, aber verliere dich nicht darin. Baue täglich an dem, was du dir wünschst.
Alles braucht Zeit
Nichts entsteht über Nacht. Lass dich nicht entmutigen, wenn es dauert.
Denke nicht an dich – denke an deine Kunden
Was für dich perfekt ist, fällt anderen nicht auf. Frag dich: Was braucht dein Kunde wirklich?
Arbeite an dir – nicht nur im Business
Persönlichkeitsentwicklung ist essenziell. Ein klarer Geist trifft bessere Entscheidungen.
Verstehe die Psyche
Was brauchen Menschen, um sich verstanden zu fühlen? Welche Sprache, welche Signale?
Austausch bringt neue Perspektiven
Suche den Kontakt zu Gleichgesinnten – das inspiriert.
Hol dir Hilfe
Workshops, Coachings, Videotrainings – du musst nicht alles alleine herausfinden.
Sei kreativ – auch für dich selbst
Plane Zeit für freie Projekte ein. Kreativität braucht Raum.
Achte auf deine Gesundheit
Ein fitter Körper ist die Basis. Gönn dir Bewegung, Erholung und gute Ernährung.
Zeig, wofür du gebucht werden willst
Deine Referenzen bestimmen deine Aufträge. Zeig das, was du wiederholen willst.
Hör auf deinen Bauch
Nicht jede Entscheidung ist rational. Manchmal weiss dein Bauch einfach, was richtig ist.
Scheitern ist okay
Mach Fehler. Lerne daraus. Frag dich vorher: Was ist das Schlimmste, das passieren kann?
Kauf kluges Equipment
Investiere in Qualität, nicht in Masse. Du brauchst nicht alles – aber das Richtige.
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Verbesserungspunkte als Selbständiger
Auch ich bin nicht perfekt – hier ein paar Punkte, an denen ich arbeite:
•Kaltakquise:
Ich hatte bisher das Glück, dass Kunden von selbst kamen. Aber es wäre klug, auch aktiv Kunden gewinnen zu können – besonders in schwierigen Zeiten.
•Zu wenig freie Projekte:
Ich möchte bewusst kreative Projekte umsetzen – und mehr Zeit einplanen, um am Business zu arbeiten, nicht nur im Business.
•Alltagstrott:
Ich liebe die Zeit mit meinem Sohn. Aber ich merke auch, dass ich mir wieder mehr Struktur für fokussiertes Arbeiten wünsche.
•Der Gedanke: „Das interessiert eh niemanden“
Dieser Gedanke hält mich oft zurück. Ich arbeite daran, mich davon nicht blockieren zu lassen.
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Abschliessende Worte
Der schwierigste Schritt in die Selbständigkeit war für mich nicht das Fotografieren, nicht das Business – sondern die Entscheidung. Danach hat sich vieles gefügt. Man wächst hinein, man entwickelt sich.
Wie ist es bei dir?
Bist du schon selbständig? Machst du es nebenbei? Oder ist es (noch) ein Hobby?
Ich freue mich auf den Austausch!
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